SATT.org

[mehr...]

Black Magazin

Nummer 39 / 2005

Vinyl On Demand oder ein Traum wird wahr

Auf das noch junge Label Vinyl On Demand bin ich durch Zufall beim „googeln" nach SPRUNG AUS DEN WOLKEN gestoßen und ich war mehr als überrascht, was dort für Raritäten aus längst vergangenen Tage der sogenannten „genialen Dilletanten" in Vinyl wiederveröffentlicht wurden bzw. werden. Schnell war der Kontakt zum Labelbetreiber FRANK MAIER hergestellt und die mir anschließend übersandten Hörproben dürften jeden Vinyl- Sam mler feuchte Träume oder zumindest Hände bereiten - absolute Qualitätspressungen, edle Ummantelung im schweren Karton mit Vinyl On Demand-Prägedruck und ungewöhnlich gute Digitalisierung des Ausgangsmaterial von den alten Magnettonbändern. So erblickten im vorigen Jahr längst verschollen geglaubte Veröffentlichungen aus den frühen 80er Jahren von u.a. DIE TÖDLICHE DORIS, SPRUNG AUS DEN WOLKEN, S.Y.P.H. und FRIEDER BUTZMANN. Doch auch die Philosophie des Labels ist mehr als interessant und begrüßenswert, doch lest selbst...

Was war für Dich der ausschlaggebende Punkt, ein Label für das Wiederveröffentlichen von Raritäten der 80er Minimal Electronic/Industrial-Szene ins Leben zu rufen?

Ich war in den letzten Jahren zunehmend frustriert und enttäuscht über den qualitativen und innovativen Output in der Musikindustrie und hatte das Gefühl, daß nicht mehr viel Neues und Innovatives auf den Markt kommt. Vieles hörte sich an, als wäre es schon mal da gewesen oder schlicht weg einfach nur auf ganz schlechtem Niveau gecovert. Das musikalische Spektrum und Repertoire inklusive der Instrumente für neue innovative Konzepte scheint langsam erschöpft zu sein. Auch wird es immer schwieriger, gute Veröffentlichungen in diesem Überangebot von Musiklabels herauszufiltern. Durch die niedrigen Produktionskosten und die billige Software kann quasi jeder zum Musiker, Produzenten oder Labelbetreiber werden. Dieser „Information Overload" gepaart mit dem Wunsch nach guter Musik war eine große Motivation zur Labelgründung. Für mich persönlich ist die End 70er/Anfang 80er Independent Musik ein Schmelztiegel von vielen kreativen und wegweisenden musikalischen Stilrichtungen und Bands. Aus diesem Repertoire will ich auch in Zukunft weiterhin schöpfen.

Meist veröffentlichst Du digitalisierte Magnettonbandaufnahmen, welche in zeitloses Vinyl gepreßt werden - wie ist Dein Verhältnis zu diesen zwei Tonträgerformaten, denn CD's schließt ja eigentlich der Name Deines Labels aus oder?

Die sterile, digitale CD als Tonträgermedium verfügt im Preis/Leistungs-Verhältnis über zu wenig Mehrwerte. Es unterscheidet sich kaum von einer selbst erstellten, von Plattformen und Tauschbörsen heruntergeladener, selbst zusammengestellter und -gebrannter CD. Für mich ist die CD ein überholtes und zu teures Übergangsmedium. Die Tatsache, das immer mehr Majorlabels die Preise senken, zeigt, das hier auch noch eine hohe Gewinnspanne lag und wenn nicht 90 % aller Veröffentlichungen durch schlechtes A&R Management „floppen" würden, könnte die CD auch billiger angeboten werden. Die Musikindustrie ist aber dabei, hier endlich umzudenken, nachdem sie gesehen hat, daß es ihnen nicht gelingen kann, die Tauschbörsen aus dem Verkehr zu ziehen und es letztendlich auf Qualität und nicht auf übertriebene und falsch fokussierte, kurzfristige Zielgruppenorientierung ankommt. Plattformen wie Apples I-Tunes zeigen neue digitale Möglichkeiten und Verbreitungskanäle auf, hier steckt sicherlich viel Entwicklungspotential, vor allem durch den verhältnismäßig fairen Preis und der Möglichkeit sich einzelne Tracks zu kaufen und nicht gleich das ganze Album kaufen zu müssen. Dennoch stellt für mich das zeitlose Speichermedium Vinyl mit einem stilvoll aufgemachten Cover, das auch Bestandteil einer in sich schlüssigen Veröffentlichung ist, immer noch die beste Alternative dar. Vinyl kann, wenn gut produziert, vor allem mit 180 Gramm Vinyl, eine Haptik und Emotionalität auslösen, die zu einem Kaufimpuls und einer emotionalen Bindung führt. Das Auflegen einer Vinylschallplatte ist für viele Sam mler ein kleines Ritual. Auch für mich. Die Cover sind im Vergleich zur CD groß und leserlich, man hat etwas in der Hand und muß auch entsprechend sorgfältig mit dem Produkt umgehen was wiederum noch einmal die Produktbindung verstärkt. Es gilt, eine Synergie und Symbiose zwischen dem Tonträger und dem Cover, die in einem harmonischen Einklang mündet, herzustellen. E s k ommt hierbei nicht darauf an, ob der Release unzählige Beilagen und eine aufwendige Verpackung hat wie zum Beispiel Zoviet France-Schallplatten. Schon ein schlichtes Cover kann diese Haptik und Emotionalität zum Tragen bringen wie zum Beispiel alte Whitehouse-Schallplatten. Mein Ansatz war es, hartes Kartonage-Cover mit Prägung zu verwenden, ähnlich den alten Jazz und Klassik-Covers. Diese Ideen und Mehrwerte sind für mich bei einer CD kaum umsetzbar.

Du hast die Originale und hast Dich entschieden, diese mit anderen Leuten zu teilen - ein sehr nobler, wenn auch eher seltener Entschluß. Wie bist Du an die Originale gekommen und wie schwierig ist deren Digitalisierung?

Ich selbst sammle seit ca. 25 Jahren Tonträger aller Art und Stilrichtungen und habe es im Sam melrausch selbst auf 15,000 Tonträger gebracht. Für Sam mlungen bin ich nach London oder Amerika geflogen, habe sehr viele Menschen kennen gelernt und eben auch die Bekanntschaft und teilweise intensive Freundschaft mit Künstlern bekommen. Alles andere kommt dann von selber. Von Zurückhalten von Material halte ich gar nichts, das ist eine schlechte Tugend und Mentalität mancher Extremsammler. Die Digitalisierung ist manchmal sehr schwierig, die Tonbänder werden ja nicht besser, sondern immer schlechter mit den Jahren. Deswegen habe ich bis jetzt schon ca. 1500 Tapes digitalisieren lassen, Tapes die mir auch in Zukunft als mögliches Repertoire für mein Label und eine Veröffentlichung zur Verfügung stehen sollen. Ist die Entscheidung für eine Veröffentlichung mit einem Künstler beschlossene Sache arbeite ich eng mit einem Tonstudio zusammen. Markus Aschenbrenner von Burntout-Studio schafft nach nunmehr 20 Veröffentlichungen diese Gradwanderung zwischen Erhalt der damals beabsichtigten Original-Soundstruktur und der Neuaufbereitung und Neuabmischung des Materials meisterlich. Nicht nur ich, sondern auch die Presse und die Käufer sind immer wieder erstaunt über das Vollbrachte.

Was, Du bist wegen Plattensammlungen nach England und Amerika geflogen? Wie darf man sich das vorstellen und wie finanziert man so etwas, wenn man fragen darf?

Das weiß ich wirklich auch nicht mehr wie ich das alles finanziell geschafft habe, ziemlich krank auf jedem Fall. Eine Zeit, an die ich mich aber auch noch sehr gerne erinnere, da ich sehr viele nette Menschen kennen gelernt habe und noch immer Kontakt zu Ihnen pflege.

Schallplattensammler gelten ja meist als sehr unglückliche Menschen und Vinyl On Demand bedient definitiv dieses Klientel - was sind Deine Erfahrungen mit dieser Sucht?

Da s k ann ich leider nur bestätigen. Es gibt sogar eine Theorie, die mir PAULA P Orridge, die Ex von Genesis P Orridge (Throbbing Gristle/Psychic TV) etwas näher dargelegt hat und die plausibel scheint. Neben dem herkömmlichen „ Sam mler und Jäger-Trieb" wird dieser Sam melwahn wohl durch das Hormon Testosteron verstärkt. Wenn ich selbst glücklich in einer Beziehung gewesen bin, war mir das Sam meln bei weiten nicht so wichtig. Anders wenn solo und „auf der Suche". Dann habe ich als „Substitution" und „Surrogat" meinen Trieb durch den Kauf und Besitz einer Schallplatte befriedigt. Es ist schließlich einfacher eine rare Schallplatte mit Bargeld zu kaufen oder zu tauschen und sie als Trophäe in das Plattenregal zu stellen als einen Partner zu finden, der einen rundum glücklich macht und mit dem man sich unterhalten kann. Irgendwann habe ich mir vor allem auf Plattenbörsen nicht mehr nur die Platten angeschaut, sondern die Menschen, die dort verkaufen und kaufen, das hat mich schon etwas in der Theorie bestätigt.

Qualität hat ihren Preis und Vinyl On Demand liefert diese im Material und auch der Gestaltung, aber trotzdem sind die Platten gemessen am „österreichischen" Standart sehr kostengünstig - wo läßt Du pressen und welche Ansprüche setzt Du Dir selbst in punkto Qualität an Deine Veröffentlichungen?

Qualität ist meine oberste Prämisse. Kostengünstig die Sachen anzubieten meine Zweite Maxime. Ich scheue nicht davor zurück jede einzelne Platte mit Cover genauestens zu prüfen bevor ich sie durchnumeriere, e s k ann für mich nur astreine Qualität akzeptiert werden, denn als Sam mler, der hierfür Geld bezahlt ist das eine Grundvoraussetzung. Mein Qualitätsanspruch macht manch einen Lieferanten und Zuarbeiter fast wahnsinnig aber ich lege viel auf Wertarbeit. Ich arbeite ausschließlich mit Unternehmen und Personen in Deutschland. Vor allem, weil ich direkt mit Ihnen kommunizieren kann und meine Wünsche besser verständlich machen kann. Ich arbeite für die Plattenpressung mit Eldorado Media/Pallas, die Covers erstellt eine Tochter von Bertelsmann namens TOPAC.

Deine Veröffentlichungen sind meist auf 500 Stück limitiert - nach welchen Gesichtspunkten wurde diese Größe erstellt und wie stehst Du allgemein zu dem Thema der Begrenzung?

500 finde ich persönlich genau richtig. Das entspricht wohl in den 80gern einer Zahl von 2000 Verkaufsexemplaren. Schließlich ist das Medienbudget kleiner geworden und die Käuferkultur ist mit dem Zusammenbruch de s k lassischen Plattenladens auch nicht mehr so stark ausgebildet. Wenn man sich vor Augen hält, dass man heute ja schon mit 207 verkauften Exemplaren in der Top 100 der Media Control Chart sein kann und ich 10,000 Schallplatten in 2004 produziert habe, dann entspricht das bei 50 Wochen auch 200 Schallplatten, und das in einer verhältnismäßig kleinen Nische und auf Vinyl. Natürlich könnte ich auch nur 200 oder 300 produzieren und die Sachen würden schon kurz nach dem Erscheinen teils horrende Sam mlerpreise erzielen, aber das ist nicht mein Ansatz, ich will ja schließlich, dass die Musik auch weltweit gehört wird. Betriebswirtschaftlich würde es dann so nicht funktionieren. Die Künstler sind ja auch oft in der GEMA und erwarten eine faire Bezahlung. Am Ende sollte jeder der Beteiligten Spaß haben und die finanzielle Anerkennung bekommen. Limitierungen sind meines Erachtens oft bedarfsgerecht angelegt. Auch schon damals in der frühen 80er Tapekultur. Früher haben viele Bands entweder nicht das Geld oder die Kunden und Vertriebe für größere Produktionen gehabt obwohl die meisten Bands gerade in Ihrer Erstlings- und Frühwerken ihren kreativen und innovativen Zenith erreicht hatten. Mit der Zeit wurde sie mit ihren teils wegweisenden, kreativen Stil und Konzepten der Musik berühmt und weltweit anerkannt und jeder Sam mler versucht dann die frühen und limitierten Originalwerke nachträglich für teures Geld zu ergattern. Genau dem will ich in Zeiten knapper Geldbeutel entgegen wirken. Vinyl on Demand bietet eben eine Alternative zur langwierigen und kostspieligen Suche nach den Originaltapes und bereitet sogar diese Tapes in besserer Qualität und einem besseren Medium auf und fügt, wenn möglich noch unveröffentlichtes oder Demo-Material und Outtakes hinzu. Es entsteht ein ganz klarer Mehrwert!

Tapes haben ja meist eine Spielzeit von rund 60 Minuten, wenn nicht sogar 90 Minuten, aber das Fassungsvermögen einer LP ohne Qualitätsverlust eigentlich nur 40 Minuten. Was sind hierbei Deine Erfahrungen und wo siehst Du die Grenze bei der Spielzeit einer LP? Wenn ich mich jetzt richtig erinnere, hast Du ja sogar Deine DIE TÖDLICHE DORIS-LP's zwecks besseren Klang für 45rpm pressen lassen.

Ja, die Laufzeit ist kritisch für die Qualität. Bei den individuell geschnittenen ist es über 20 Minuten nicht mehr machbar aus technischen Gründen. Bei den regulären Presswerk-Lp's lässt ab ca. 24 Minuten pro Seite die Pressung an Klangqualität nach, aber e s k ommt auch auf das Ausgangsmaterial an. Bei einer qualitativ schlechten Liveaufnahme können auch bis zu 30 Minuten eingespielt werden. Die Tödlichen Doris-Lp's sind teils sehr kurz und ich wollte den bestmöglichen Klang rausholen, was mir auf 45 Umdrehungen bestens gelungen ist nachdem ich es noch zusätzlich neu mastern ließ. Bei der Synthetischen Mischgewebe wollte ich mit 60 Minuten Spielzeit an die maximal machbare Grenze gehen. Noch eine Anmerkung zu Spielzeiten. Die Durchschnittslaufzeit der bis dato von mir digitalisierten Tapes aus den frühen 80ern liegt im Durchschnitt bei ca. 30 Minuten.

Wie schwierig ist bei den Wiederveröffentlichungen die Lage der musikalischen Rechte und gab es auch schon Künstler, die ihre Jugendsünden nicht freigeben wollten bzw. Dich mit unangemessenen Forderungen enttäuscht haben?

Heutzutage sollte alles vertraglich geregelt sein damit am Schluss nicht irgendein Problem auftaucht. Das tue ich auch und ich sage den Künstlern auch ganz offen und ehrlich wie die finanzielle Situation aussieht und wie viel wer erhält. Bisher war bis auf eine Ausnahme jeder mit den Konditionen und Bedingungen zufrieden. Ich betreibe eine offene und ehrliche Arbeit, ich denke das merken die Künstler. Das wird wohl auch der Grund sein, warum ich weiter empfohlen werde, denn ohne Wolfgang Müller s (die tödliche Doris) Komplimente für mein Label bei anderen Künstlern würde es dann auch kein Frieder Butzmann oder eine MUTTER-Veröffentlichung geben. Und weil sich die Künstler meist untereinander gut kennen und auch treffen, fügt sich dann eins zum anderen.

Sehr gut finde ich Dein Angebot eines vergünstigtem Abos bzw. einer Mitgliedschaft im Vinyl On Demand-Club - Du hast jetzt hier die Möglichkeit, dafür ein wenig Werbung zu machen bzw. die Idee dahinter und deren Vorteile näher zu beleuchten?

Vielleicht ein paar Worte warum überhaupt Mitgliedschaft: Um mit einem Label erfolgreich zu sein oder als Musikkonsument die richtigen Veröffentlichungen zu finden, die einem auch gefallen könnten, brauchen beide eine Interessensgemeinschaft („Community of Interest"), sonst findet ja kein Austausch statt. Früher hat diese Funktion der klassische Plattenladen mit guten Schallplatten und den Wissen über des Käufers Musikgeschmack übernommen. Diesen gibt es aber kaum noch. So findet dieser Austausch zumeinst über Mundpropaganda oder über Internetforen statt. Ich will mit meinem Label diese Funktion einen Plattenladens übernehmen und auch die Funktion eines „Vor-Selektierers" übernehmen und gleichzeitig meinen Mitgliedern die Möglichkeit geben, durch Ihre Stimme das Programm als Mitglied mit zu bestimmen. Das ganze funktioniert aber nur, wenn ich dem Käufer stets Mehrwerte vermitteln kann, durch fairen Preis, gutem Design und Qualität und durch ausgelöste Emotion, beim Betrachten und Abspielen der Platte und dieser mir auch sein Vertrauen schenkt. Nun zur Mitgliedschaft: Die Mitglieder erhalten von mir zu einem Vorzugspreis alle Veröffentlichungen in speziellen Limitierungen mit Bonusplatten und anderen Gratifikationen sowie einer persönlichen Mitgliedskarte mir Nummer und alle Platten erhalten sie mit dieser Nummer. 250 der 500 Platten sind für Mitglieder reserviert, nur 250 Platten gehen weltweit in die Vertriebe und sind teils auch schnell ausverkauft. So sind 12 meiner 20 Veröffentlichungen nicht mehr erhältlich oder eben nur im Rahmen einer Mitgliedschaft. Die Mitglieder sollen sich nicht nur als Käufer fühlen, sondern Teil des Ganzen sein, jeder kann partizipieren und seine Vorschläge einbringen. Das ganze soll vor allem Spaß machen und ich will Wissen vermitteln und teilen und von den Mitgliedern auch Input bekommen. Mein Ziel ist es, in einer globalisierten Welt mit digitalen Mitteln ein analoges Medium innerhalb des von mir initialisierten und mit den Mitgliedern zusammen aufgebauten Mikrokosmos für Gleichgesinnte zu schaffen (= „Community Of Interest").

Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, ist die Zahl der Mitglieder von Vinyl On Demand auf 250 begrenzt oder? Wie viele aktuelle Mitglieder hast Du denn so ungefähr und haben neue Mitglieder noch die Möglichkeit, Veröffentlichungen von 2004 zu erwerben?

Ja, ich habe 250 für Mitglieder bereitgestellt und 250 für den Vertrieb. Wenn gegen Ende des Jahres noch Mitgliedschaften übrig sind, werden diese getrennt verkauft. Die 2004-Mitgliedschaften mit dem kompletten Programm sind mittlerweile auch ausverkauft. Seit diesem Monat kann man die einzelnen Veröffentlichungen von 2004 nur noch ohne den Gratifikationen kaufen, wenn sie noch erhältlich sind. Von den Künstlern wünsche ich mir immer einen netten Bonus auf 250 limitiert. Bei THE New Blockaders war es ein signiertes Poster, bei Frieder Butzmann ein Din A4 Brief mit E-Mail Einladung zur Kontaktaufnahme, bei DIE Tödlichen Doris „Fallersleben" ein großes, durchnummeriertes Poster.

Ein bißchen erinnert mich die Idee hinter Vinyl On Demand auch an die Supporter-Möglichkeit bei den EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN, obwohl ich deren Preise und Vorgehensweise ehrlich gesagt etwas unverschähmt finde - was ist Dein Eindruck davon und kennst Du vielleicht Herrn BARGELD persönlich? Ich finde das immer extrem lustig, daß die angeblich bei jeder Platte und Tour nur minus machen und ich frage mich dabei nur, von was die in den ganzen Jahren so gelebt haben?

Ich habe mit BL IXA ein paar mal hin und her gemailt, auch mit JOCHEN und mit Andrew Unruh und Alex Hacke. Ich finde alle vier sehr nett und sie haben auch für meine Ideen ein offenes Ohr. Das war ja auch für die Freigabe der Veröffentlichung zum „Geniale Dilletanten-Festival 1981" (DVD/CD/3LP), die ich für den Sommer geplant habe, von enormer Wichtigkeit und ich bin beeindruckt über die Professionalität mit der mir die Personen und das Management über Klaus Maeck von der Freibank entgegen getreten sind. Tourneen kosten einfach sehr viel Geld, ich kenne persönlich nur wenige Bands, die mit Touren wirklich auch Geld verdient haben. Man unterschätzt wohl zu oft den Aufwand (Technisch wie Werbung/Promotion) der hierfür nötig ist. Ich finde den Grundgedanken jeglicher Form von Mitgliedschaft sehr gut, denn es stärkt den Zusammenhalt und die oben erwähnte „Community of Interest".

Noch spezieller klingt Dein Service Induvidual Vinyl On Demand - was ist das denn für eine exklusive Geschichte?

Die Idee ist sehr einfach. Es gibt sehr viele gute Tapes, die aber in dieser Nische in einer 500er Auflage nie die Produktionskosten einspielen könnten, da sie nur ein sehr spezielles Publikum erreichen. Ich biete jedoch den Service an, „On Demand" sich eine Vinyl von einem Tape schneiden zu lassen, wenn ich dieses im Programm habe und von dem Künstler hierfür die Erlaubnis bekommen habe. Die Produktion ist recht teuer und nur etwas für wahre Sam mler, die seit ewigen Zeiten ein bestimmtes Tape einer Band suchen, es nicht bekommen und sich dann bei Vinyl On Demand eine Vinyl davon schneiden lassen. Je mehr ich von den Künstlern die Freigabe bekomme, um so mehr kann ich so anbieten und da haben wir das eigentliche „Vinyl On Demand"!

Wie wird denn Dein Angebot des Induvidual Vinyl On Demand angenommen?

Auf Grund des hohen Herstellungskosten und des hohen Verkaufspreises hält sich die Nachfrage sehr in Grenzen. Das ist mir aber im Moment recht, denn ich muss hiefür ständig zwischen Vinylschneider und Besteller organisieren sowie das LP-Cover mit den Originaltapecover per Hand erstellen. Ich bin durch das Label schon mit einer 60 Stunden Woche bedient. Aber das Konzept hat bestimmt hohes Potential, dafür muss aber die Nachfrage steigen, ich zusätzliche Zeit oder Arbeitskraft dafür einräumen können, die Herstellung und Produktion dieser Vinyls billiger werden und das Programm erweitert werden.

Einer Deiner großen Pläne für dieses Jahr ist die Veröffentlichung des Live-Mitschnitts vom Festival der Genialen Dilletanten in Berlin von 1981, aber in einem vor kurzem geführten Gespräch mit Herrn HILSBERG von Zickzack/WSFA behauptete dieser, daß das jetzt Crippled Hot Wax übernommen hätten - wie ist dabei der aktuelle Stand und wa s k annst Du uns allgemein über dieses Projekt berichten?

Da müsst ihr etwas falsch verstanden haben! TÖNI von Crippled/Monitorpop kam im Sommer auf mich zu und erzählte mir von seiner Idee einer Berlin 78-84 CD mit DVD auf der sich alte Super 8-Filme der Genialen Dilletanten befinden sollten. Rolf Wolkenstein stellte die DVD mit den Filmen zusammen. Ich habe TÖNI eine Auswahl mit Bands und Titeln und den Kontakten für eine CD unterbreitet. Das „Festival Genialer Dilletanten" steht weiterhin für Sommer 2005 auf der Veröffentlichungsliste. Es war organisatorisch etwa s k omplexer, da ca. 30 Personen aufgetreten sind. Mittlerweile habe ich alle zusammen und kontaktiert und alle Künstler haben Ihre Freigabe erteilt. Ich bin schon sehr gespannt auf die Veröffentlichung, vor allem weil es als 3Lp-Box mit DVD/CD und Buch das mit Abstand größte und teuerste Projekt auf meinem Label sein wird. Es ist auch sehr interessant letztendlich fest zu stellen, dass die meisten dieser Personen und Beteiligten heutzutage in führenden Positionen in der Medienbranche sitzen. Sie sind Labeltreibende, Dozenten, Hochschulprofessoren, weltbekannte DJ's oder Organisatoren von Technoveranstaltungen, Starphotographen, leiten Musikverlage. Einfach nur faszinierend was aus Personen aus diesem Schmelztiegel geworden ist.

Welche Wunschkandidaten für eine Veröffentlichung auf Vinyl On Demand hast Du im Hinterkopf bzw. würdest Du Dir von ganzen Herzen wünschen?

Es gibt so viel tolles Material von so vielen Künstlern. Entgegen meiner frühen Konzeption soll mein Label stilübergreifend sein und nicht nur Minimal-Elektronik und Avantgarde produzieren. Ich will auch keine wirkliche Unterscheidung mehr zwischen neu und alt tätigen. Viel Neues ist schon alt, bevor es erscheint, alt, da es eine billige Kopie einer früheren Band und deren Konzepts ist. Vieles der alten Sachen verblüffen mich im Gegenzug durch ihre Aktualität, nur das sie es schon vor 20 Jahren oder mehr produziert haben. Anderes, was noch sehr jung und neu ist kann aber auch unglaublich gut und kreativ sein. Mich interessiert daher nur ob es wurzeln gibt, die andere inspirieren können oder inspiriert haben oder eine Stilrichtung ausgelöst und geprägt haben. Die Wertung ob gut oder schlecht möchte ich aber dem subjektiven Empfinden des Hörers überlassen. Was zählt ist emotionale Inspiration/Stimulierung, Aussagekraft, innovationspotential. Deswegen gibt es auch keine Wunschbands, denn wenn es welche geben würde, die ich unbedingt veröffentlichen will, dann finde ich die Adresse heraus und frage sie ganz konkret.

Etwas verwundert war ich allerdings, daß das Forum und das Gästebuch auf Deiner Homepage kaum genutzt werden - worin siehst Du hierfür die Gründe?

Es gibt genug gute Foren für einen Austausch im Internet. Das Forum ist durch den Relaunch meiner Seite vor ein paar Monaten auch noch recht neu. Es wäre sehr schön, wenn sich die Leute und die VOD-Mitglieder auch bei mir über das Forum austauschen aber es ist für mich primär wichtig, dass ich es anbieten kann, sich dort aus zu tauschen. Bei meinem anderen Projekt, www.record-price-guide.org, einer Datenbank für Independentschallplatten hatte ich auch ein Forum, trotz ca. 1000 Besuchern am Tag hat das Forum niemand wirklich genutzt. Es gibt bestimmt Tricks und Wege, ein Forum attraktiver oder leichter zugänglich zu machen, aber ich bin ja primär ein Label und kein Betreiber eines Forums.

Vinyl On Demand ist mit Pripuzzi Records ein Sub-Label für aktuelle Veröffentlichungen angeschlossen - gibt es dafür eventuell schon Pläne?

Es gibt schon einige Pläne dennoch kann ich die ersten Veröffentlichungen erst im Sommer angehen, wenn dafür auch finanziell ein gesundes Fundament steht und die Vertriebsstrukturen so etabliert sind, dass dies auch mit den vorhanden Strukturen und Konditionen geht. Dafür ist wichtig, das auch alle Vertriebe zügig bezahlen und sich das Ganze auch so trägt, das auch mal neue, riskantere Sachen veröffentlicht werden können. Ich werde dieses Jahr mit zwei Veröffentlichungen auf Pripuzzi Records aufwarten. Zum einen ein Remix-Album der VOD9-Exil-System-Compilation mit Remixes einiger bekannter Produzenten und DJ's ( Electric Indigo , Erden Tunakan und Dr. Walker..) sowie einem Album von Jussi Pekka alias Monoder, der hervorragende Elektronikmusik produziert.

Wie ist Dein Resümee nach dem ersten Jahr Vinyl On Demand?

Ich bin sehr zufrieden, dass Feedback ist grandios und die Dankesmails vieler Mitglieder motivieren mich noch mehr. Deswegen wird es wie letztes Jahr auch jeden Monat Veröffentlichungen geben. Diese Regelmäßigkeit ist mir auch wichtig, es ist Teil einer Kultivierung. Man bracht konstanten und Regelmäßigkeiten im Leben. Ich möchte auch mehr das Medium DVD nützen für alte Videodokumente, die ich nun angefangen habe zu digitalisieren. Denn es gab nicht nur schönes musikalisches Material sondern herrliches Video- und Performance-Material. Ich freue mich schon auf die kommenden Jahre und all die Überraschungen.

Welche anderen Musikrichtungen hast Du denn neben dem typischen Vinyl On Demand-Genres noch gesammelt?

Ich bin ein sehr aufgeschlossener Musikkonsument. Ich höre fast alle. Von Moderner Klassik über (Free-)Jazz, Progressive, Kraut, NDW, Punk, Indie, Industrial, Elektro und Techno. Das ist auch der Grund, warum mein Label auch in Zukunft ein breiteres Spektrum veröffentlichen wird. Ich möchte einfach nur das veröffentlichen was mir gefällt. Wenn die Mitglieder und die Vertriebe hierbei mitziehen, bin ich sehr dankbar aber auch in meinem Musikgeschmack bestätigt.

Hat Deine Sam melleidenschaft mit der Gründung von Vinyl On Demand bzw. der dadurch verbundenen Arbeit nachgelassen?

Ich habe definitiv weniger Zeit, um auf Börsen oder in Plattenläden zu stöbern. Auf der anderen Seite bekomme ich aber jetzt auch von den Künstlern das nötige Tapematerial und es fällt mich somit bedeutend leichter, meine Sam melleidenschaft zu befriedigen. Der Sam melschwerpunkt hat sich halt etwas verschoben. Früher habe ich immer nur Raritäten gesammelt, jetzt sammle ich alte, rare Tapes mit Demos und unveröffentlichte Aufnahmen der Künstler, die ich veröffentlichen will.

Was ist für dieses Jahr außer dem schon mehrfach erwähnten „Festival der genialen Dilletanten" noch geplant?

Es ist sehr viel in der Planung. Im März erscheinen erst mal die ersten fünf Veröffentlichungen für 2005: P1/E, Non Toxique Lost, Hermann Kopp , TASS 2, die Unbekannten. Im Juni eine P16.D4-Selektion-Wahrnehmungen 3LP mit 7" Box, sowie eine Campingsex (Pre-MUTTER) 2LP. Danach die „Festival Genialer Dilletanten" 3LP/DVD/CD-Box mit Buch plus vier weitere Veröffentlichungen, die ich aber noch nicht gesetzt habe und zur Auswahl stehen: Falx Cerebri (Graf Haufen), Shockheaded Peter s/Lemon Kittens ( Karl Blake), Kosmonautentraum, Din A Testbild, MDK, Minus Delta T., Sea of Tranquility, Die Tödliche Doris oder THE New Blockaders. Es sind aber noch weitere Interpreten im Gespräch, die ich aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt geben kann. Für 2006 möchte ich auf jedem Fall eine Cassettencombinat-3LP-BOX sowie eine Muslimgauze E.G. Oblique Graph 3LP-BOX veröffentlichen.

Ich danke FRANK „PRIPUZZI" MAIER für diesen ausführliche und interessante Interview und wünsche für die Zukunft alles Gute.

- Marco Fiebag -

zurück

Unruhr.de

[mehr...]

Gonzo Circus

[mehr...]

ATMOSPHERA ABRUPTA http://www.atmosferabrupta.com/frank_interview.html

[mehr...]